Was ist Karma in den verschiedenen Traditionen?

Karma, wie es in den Traditionen erklärt ist:
Karma, auf Sanskrit: Karman (Tun), auf Pali: Kamma

Hinduismus
In der indischen Philosophie bezeichnet Karma den Einfluss der Taten einer Person in der Vergangenheit auf seine künftigen Leben oder Reinkarnationen (*1). Die Lehre des Karma spiegelt die hinduistische Überzeugung wider, dass dieses Leben nur eines in der Kette von Leben (*1) ist und dass es durch die Taten, Verhaltensweisen und vorige Leben bestimmt ist. Das nimmt man als Naturgesetz hin, dem sich in dieser Kultur nicht widersprechen lässt. Die moralische Energie einer jeden Tat wird bewahrt und resultiert automatisch im nächsten Leben in Form einer bestimmten Kaste (*2), Veranlagung, einem bestimmten Naturell oder Charakters. Dieser Prozess läuft automatisch ab, wobei Gott hier nicht intervenieren darf. So erklärt das Gesetz des Karma die Ungleichheit unter den Lebewesen. Im Laufe der Kette der Wiedergeburten kann ein Individuum sein Karma verbessern (bis es das Ansehen des Gottes Brahma erreicht hat) oder verschlechtern (sodass es als Tier wiedergeboren wird).

(*1) Kette von Wiedergeburt
(*2) soziale Schicht, vier erbliche Gruppen der Gesellschaft, 1. Priester, 2. Krieger, 3. Bauern und Händler, 4. Arbeiter und dann noch die Kastenlosen, die außerhalb der Gesellschaftsordnung Lebenden.

Jainismus
Jainismus und Buddhismus haben die Lehre des Karma aus dem Hinduismus übernommen. Im Jainismus betrachtet man Karma nicht als Prozess, sondern als feine einzelne Substanz, welche die universelle Kette von Ursache und Wirkung sowie von Geburt und Tod erzeugt.

Buddhismus
Im Buddhismus steht Karma für das natürliche Gesetz von Ursache und Wirkung, das sich in einfacher Form folgendermaßen ausdrucken lässt: Wie du säst, so wirst du ernten („Wenn du Böses säst, wirst du Böses ernten – in Form vom Leid. Und wenn du Gutes säst, wirst du Gutes ernten – in Form innerer Freude“). Gemäß dem Gesetz des Karma sind alle Handlungen unseres Körpers, unserer Rede und unseres Geistes Ursachen und alle Erfahrungen deren Auswirkungen. Es erklärt, warum jedes Individuum einzigartige Erfahrungen hat: Es sind eben die verschiedenen Auswirkungen der zahllosen Handlungen, die jeder einzelne macht. Man kann also keine zwei Personen finden, die genau die gleiche Vielfalt von Handlungen ausgeübt haben, und deshalb ist es unmöglich, zwei Personen mit identischen Geisteszuständen, identischen Erfahrungen und identischer Körpererscheinung zu finden. Karma bezieht sich neben den Handlungen speziell auf die geistige Absicht, die dahintersteckt. In den Vinayana-Sutras sagt Buddha: „Für jede Handlung, die wir ausfuhren, erfahren wir ihr ähnliche Folgen.“ Laut Buddha lassen sich alle Handlungen auf tugendhafte und nicht tugendhafte zurückfuhren. Die Befreiung aus der Kette der Wiedergeburten ist nur möglich, wenn man die Erleuchtung (auf Sanskrit Nirvana, auf Pali Nibbana) erlangt, einen Zustand, in dem man nicht mehr verblendet ist und nicht hasst, mit anderen Worten, nicht mehr haftet.
(Simona Vlajkov)

Niemals einen Post verpassen?

Kommentar verfassen

Weitere Beiträge

Berühmte Personen des meditativen Weges

Dogen Zenji 1200 – 1253 (auch Dogen Kigen oder Eihei Dogen) wurde nach der westlichen Zeitrechnung 1200 in Kyoto geboren. Mit 12 Jahren trat er in das Kloster Enryaku-ji ein. Nach drei Jahren hauptsächlicher theoretischer Unterweisung wollte er eine stärker praxisorientierte Schulung kennenlernen und trat daher in das Kloster Kennin-ji ein. Dort wurde Rinzai Zen

Wichtige Rolle der Meditationen im Herbst.

Der Herbst ist die Zeit, in der die Ernte eingeholt wird und die Vorräte für den Winter angelegt werden. Dieser Vorgang ist in der Natur zu beobachten, die Tiere nehmen deutlich zu (Fettreserven), Bäume und Pflanzen ziehen ihre Säfte zurück. In der Natur wird Chi frei:– die ein- und zweijährigen Pflanzen sterben ab– die Blätter

Meditationsreihe: Verzicht und Versuchung als Wege zur Erleuchtung

Am 14. Mai 2001 fand der 11. Meditation-Workshop statt. Das Thema: Verzicht und Versuchung als Wege zur Erleuchtung. In diesem Workshop wurden zunächst die Begriffe Verzicht, Versuchung und Erleuchtung erklärt. Der allgemeine Weg zur Erleuchtung gliedert sich in die aus dem Seminar „Meditation: Ein Weg zum Erwachen“ bekannten acht Bestandteile. Diese sind:1. Yama (tue nichts

Buchbesprechung – Die Vier Edlen Wahrheiten

Buchbesprechung Die Vier Edlen WahrheitenDie Grundlage buddhistischer Praxis 1966 hielt der XIV. Dalai Lama in London eine Vortragsreihe über Theorie und Praxis des Buddhismus.Verlag Fischer Taschenbuch, ISBN 978-3-596-19790-3; Gebundene Ausgabe: 160 Seiten, Originaltitel: The Four Noble Truths Für MEDITATION AKTUELL wird hier ein Überblick über die Grundinformationen dieses Buches gegeben. In seiner ersten Lehrrede sagte

Das Ego – Gute oder schlechte Begleitung in dieser Welt

Was ist das Ego?Das Ego – Gute oder schlechte Begleitung in dieser Welt – oder was hält uns? Wenn man sich mit Fragen über das Ego beschäftigt und versucht, Antworten zu finden, kann man in vielen Richtungen suchen und bekommt oft verwirrende Antworten. In den verschiedenen Traditionen gibt kurz betrachtet, sehr unterschiedliche Lösungen über die

Salzige Träume

Ein Schüler erzählte einmal seinem Meister, dass er einen salzigen Traum hatte, in dem sein Körper das Wasser so lange behielt, dass er wie ein Ball rund wurde und nicht mehr gehen, sondern nur rollen konnte. Daraufhin erwiderte der Meister, die Träume seien, wie alle anderen Gedanken, nur die Täuschungen des Geistes und es sei

error:
Nach oben scrollen