Das Ego – Gute oder schlechte Begleitung in dieser Welt

Was ist das Ego?
Das Ego – Gute oder schlechte Begleitung in dieser Welt – oder was hält uns?

Wenn man sich mit Fragen über das Ego beschäftigt und versucht, Antworten zu finden, kann man in vielen Richtungen suchen und bekommt oft verwirrende Antworten. In den verschiedenen Traditionen gibt kurz betrachtet, sehr unterschiedliche Lösungen über die Fragen zum Ego.

Die indische Philosophie hat viele Facetten und hier folgt der Erklärungsversuch der Vedanta-Lehren. (veda: Wissen; anta: Ende)

Es gibt zwei unterschiedliche Ansätze dieser Vedanta-Lehren. Eine Art wird Advaita Vedanta genannt, dies ist ein nichtzweiheitlicher Weg und proklamiert das absolute Einssein aller Dinge. Hauptsächlich befasst sie sich mit dem Wissen von Brahman, der Allseele, dem reinen Sein, dies ergibt sich laut dieser Philosophie dann, wenn der Atman (Selbst) transzendiert ist und den Brahman erkennt. Alles andere, alle Dinge, die auf dieser Welt existieren, sind nur Maja, Täuschungen des Geistes, die Welt ist nicht real und die manifestierte Existenz ist nicht real, sie haben vorher nicht existiert, existieren jetzt nicht und werden auch nicht existieren. Es gibt nur Eins und das sollte erkannt werden, es gibt keine Individualität in dieser Lehre und es gibt keine individuelle Befreiung, alles wird Eins. Ausgedrückt mit einfachen Worten: „Nichts ist von wirklicher Bedeutung, da es das Ego sowieso nicht gibt.“

Dieser Philosophie gehört nur eine Sekte in Indien an. Tatsache ist, dass der Gründer dieser Lehre, Shankara, der 788 bis 820 A.D. gelebt hat, der Einzige war, der dies so ausschließlich ausgelegt und gepredigt hat. Unterschiedliche Auslegungen waren nötig, denn die komprimierten Aphorismen des Vedanta sind ohne Erklärung kaum verständlich. Von den unterschiedlichen Schulen ist die von Shankara die wichtigste. Spätere Denkansätze gehen auf Ramanuja (1100 A. D.) und Madhva zurück. In der Gegenwart hat Vivekananda (1863–1902) diese Lehre nochmals revolutioniert und in den letzten Jahren fand sie durch Ramana Maharshi und Ponnia immer größerer Beliebtheit.

Jetzt tauchen auch immer mehr westliche Lehren auf, die diesen Lehransatz integrieren und alles verneinen. Es geht so weit, dass auch die Nichtrealität des Egos betont wird, und demzufolge bedarf es auch keiner unnötigen Anstrengung, um im Streben nach innerer Freiheit gegen dieses Ego anzukämpfen. Nur wer kann schon erkennen, wann es der „innere Schweinehund“ ist, der es bequem haben möchte?

In manchen Fällen kann es sogar gefährlich sein, den Umstand des Egos zu leugnen, denn der Suchende kann mit der falschen Einstellung einer gewissen Selbsttäuschung und Hemmungslosigkeit unterliegen. Nur ein Mensch, der diese Behauptung aufstellt, drückt gerade damit sein Ego aus, es ist nichts anderes als eine Flucht aus der Wirklichkeit.

Krishnamurti, ein großer und gelehrter Mann, der viele Jahre unter verschiedenen Lehrern meditiert hat, wird oft auf diese nondualistische Weise interpretiert. Nur er hat bis zu seinem Tod immer wieder betont, dass es ihm leidtut, dass niemand seiner Zuhörerschaft wirklich verstanden hat, was er mit seiner Lehre meint. Denn auch er hat in seiner Lehre immer wieder das „nicht Üben“ betont. Was jedoch oft nicht zur Sprache kommt ist, ist die Tatsache, dass er selbst sehr viele Jahre mit Üben verbracht hat.

Der andere Ansatz der Vedanta-Schulen ist der, der die Realität einer manifestierten Welt nicht verneint, dies ist die Tattwadava-Vedanta-Philosophie. Diese Philosophie geht davon aus, dass das Ego verschiedene Nuancen hat, es ist nicht nur Stolz, Selbstanmaßung oder Arroganz, sondern im Grundlegenden ist es das Bewusstsein von sich selbst. Das ist das subtile Ego und ist erwünscht, es sollte weder verneint noch zurückgewiesen werden. Um Gottesbewusstsein oder das Bewusstsein in Brahman zu erlangen, muss erst erkannt werden, was ich bin, es muss zuerst das Bewusstsein vom Selbst vorhanden sein.

Das Ego sollte nicht durch eine Art von spiritueller Praxis verneint werden. Sogar in der Auflösung oder Transzendenz des Bewusstseins ist man gleichzeitig seiner selbst und dieser transzendierten Situation bewusst. Erst mit diesem Bewusstsein kann man die Frage beantworten „Wer bist Du?“ und man bleibt sich der Beantwortung bewusst.

Diese dualistische Lehre beschreibt auch noch die Ego-Arten, die eine Gefahr für die Praxis der Spiritualität sind, es bedeutet unter anderem Selbstanmaßung und Stolz. Erst wenn nach der Erkenntnis des „Ich bin“ Hingabe und Demut vorhanden sind, kann man von Weisheit sprechen. Ist das nicht mehr vorhanden, kann das Wissen gefährlich sein, es gibt das Gefühl von „ich bin großartig, ich bin gebildet und etwas Besonderes“, man ist stolz auf sich. Und diese Tattwadava-Vedanta-Lehre besagt eben, dass die Praxis individuell ist, dass die Befreiung (Moksha) individuell ist, und sich selbst zu verwirklichen ist eben diese Befreiung. Es liegt hier nicht die Bestrebung, das Eine zu werden, sondern es wird angestrebt, nicht so wie ein anderer zu werden, sondern man muss man selbst werden.
(wird fortgesetzt)

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