Über Motivation und Hinauszögern

Wenn die beiden Begriffe so nebeneinander stehen, könnten sie als Gegensätze verstanden werden. Doch die Wahrheit ist, dass im Kern eines jeden hinauszögernden Verhaltens eine gewisse Art Motivation steckt. Der Wunsch nicht das zu tun, was für uns wichtig ist, uns aber schwerfällt, oder wir befassen uns ungern damit, besonders wenn wir gleichzeitig die Möglichkeit haben, etwas zu tun was uns Spaß macht.

Beispiel: Jemand lernt für eine wichtige Prüfung und während des Lernens kommt ein Teil, der ihm schon vertraut erscheint. Das erzeugt ein Gefühl der Langeweile und diese Langeweile wird durch eine Aktivität überwunden, die unsere Aufmerksamkeit erregt. Eines der genialen Objekte zur fruchtlosen Ablenkung der Aufmerksamkeit ist ein Smartphone und so eines liegt auf dem Tisch. Die Person nimmt das Mobiltelefon vom Tisch, dabei aktiviert es sich durch die Gesichtserkennung automatisch, oder indem der Besitzer den Identifikationssensor mit dem Finger berührt. Das Bild auf dem kleinen Bildschirm erscheint farbenfroh und vielversprechend. Die Person weiß nicht, womit sie anfangen soll. Sie prüft zuerst die E-Mails, liest die neuen und beantwortet sie hastig. Sie spricht dabei ihre Freunde nur mit ‚Georg‘ oder ‚Helene‘ an, ohne das zivilisierte Adjektiv ‚Liebe(r)‘ oder ‚Verehrte(r)‘ anzuwenden, weil es noch so viel anderes zu  gibt. „Wer hat mir ein ‚like‘ geschickt?“, „Wer hat eine Kontaktanfrage gesendet?“, „Wer hat mich eingeladen?“ usw.

Plötzlich gibt es volle Hände zu tun und davor gab es nur langweiliges Lernen!

 In diesem Fall wurde die Lernmotivation nicht durch das Hinauszögern ersetzt, sondern ein Teil des Gehirns, den ich als „niederes Wesen“ benannt habe, übernahm die Kontrolle über die Person. Dadurch verließ die Person ihre zivilisierte Existenz und ersetzte sie durch das spontane, instinktive Verhalten (oder wie manche dies als ‚eigene Intuition‘ nennen). Auf diese Art schrieb die betreffende Person dem eigenen niederen Wesen eine gewisse zweckmäßige Weisheit zu.

 Denn, die Intuition ist etwas Gutes….

 …es sei denn, die Intuition wird durch das kontraintuitive Denken überprüft, was einem jedoch nicht leicht fällt. Die meisten Menschen neigen eher zum Glauben als zum aktiven, UNVOREINGENOMMENEN Denken. Stellt euch vor, ihr habt sechs Likes entdeckt und ihr antwortet sofort mit Liking, statt euch zuerst zu fragen, weswegen jemand euch dieses Like schickt. Vielleicht möchte er euch mit irgendeiner Werbung ausnutzen, oder es gibt eine andere versteckte Absicht im Kern dieses Likes!

 

Im Laufe der evolutionären Entwicklung des Gehirns sind zunächst die Nervenzellen entstanden, die instinktiv auf äußere Reize reagierten, welches eine adaptive Funktion auf die Umstände hatte, in denen sich dieses Lebewesen befand. Später sind höhere Teile des Gehirns entstanden, und der Höchste ist der Teil, der es uns ermöglicht, das Wahrgenommene zu analysieren sowie unser eigenes Verhalten entsprechend unseren Wünschen zu planen.

Im Kern des höheren Wesens befindet sich die intrinsische (interne) Motivation, während  dem niederen Wesen die extrinsische (externe) Motivation eigen ist.

Wenn wir es zulassen, dass äußere Reize uns steuern, dann verraten wir unsere eigene Menschlichkeit, wir hören auf als denkende Lebewesen zu existieren, wir geben uns unseren Instinkten hin und werden zu dankbaren Manipulationsobjekten. Dies ist gleichzeitig der Weg in ein Leben, das als ‚Couch-Kartoffel‘ bezeichnet wird, der ultimative Ausdruck der Komfortzone. Daraus entsteht dann Angst davor, dass sogar die Komfortzone gefährdet werden könnte. Ist die Angst bereits entstanden, weist sie darauf hin, dass die Person sich dadurch versklavt hat. Diejenigen, die Angst haben, glauben, dass sie etwas zu verlieren haben. Andere, die die Angst überwunden haben, werden sich mutig dem Verlust aussetzen, den sie nicht verhindern können.

Wie lässt sich Hinauszögern als dysfunktionales Verhalten überwinden?

Indem man sich einfach auf die Ebene höherer Wesen hochhebt! Statt nach den Wegen zur Neutralisierung der Langeweile zu suchen, die sich als ‚unerträglich‘ äußert, erkennen wir dieses Gefühl so wie es tatsächlich ist und ersetzen es durch das zielgerichtete Handeln. Im obigen Beispiel würde es bedeuten, dass man sich bewusst entscheidet, mit dem Lernen fortzusetzen, auch dann, wenn der Lernstoff einem bekannt vorkommt. Man möge es sich selbst beweisen, den Lernstoff zu kennen, indem man nacherzählt, was einem vertraut erscheint!

Natürlich gibt es Momente im Leben, in denen es wünschenswert ist, sich den Instinkten hinzugeben, und diese Momente habe ich als ‚den kontrollierten Wahnsinn‘ bezeichnet. Nur wenn wir sie im Voraus geplant und als Mußezeit bezeichnet haben, können solche Momente uns bewegen, inspirieren, uns begeistern und großartige ästhetische Erlebnisse  bringen. Achtet nur darauf, dass der kontrollierte Wahnsinn nicht zur Art und Weise der Selbstsabotage wird!

Herzlich

Euer Meister

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