Eiheiji von außen

Der Tag fing im Starbucks an.
Zu dem Regen kam noch die Kälte, sodass wir zurück ins Hotel gingen, um unsere Jacken zu holen und dann zum Hauptbahnhof von Kyoto zu gehen.
Um 8:41 Uhr (pünktlich) starteten wir den Ausflug nach Fukui, wo sich insgesamt fünf Atomkraftwerke befinden. Das war trotzdem nicht der Grund, warum wir dorthin gefahren sind, sondern eine alte Tempel- und Klosteranlage.
Es handelt sich um das Kloster Eiheiji, das im Jahr 1244 gegründet und erbaut wurde. Der Mönch Dogen Zenji ging in seinen 24 Lebensjahr nach China, das war 1224, verbrachte dort vier Jahre und kam als Erleuchteter zurück und gründete eine neue Schule, die den Namen Soto-Zen bekam.
Der erste Tempel, den Dogen gegründet hat, war Kosho-Horinji in Uji, Kyoto. Er hat diesen Tempel im Jahr 1231 gegründet und im Laufe der nächsten 13 Jahre hatte er tausende Schüler, unter denen auch einige Samurai waren. Besonders ein Samurai hat ihn sehr verehrt und folgte seinen Anweisungen, dies war der Landbesitzer, Yoshishige Hatano, der, nach persönlicher Wahl Dogens, ihm ein Stück Land zur Verfügung stellte und den Tempel Eiheiji bauen ließ. Dogen blieb in diesem Tempel, bis zu seinem Tod 1253 und von da ab, bis heute wird dort Zen auf die gleiche Art praktiziert, nach den Regeln, die Dogen im Buch Shobogenzo niedergeschrieben hat (es gibt auch mehrere deutsche Übersetzungen).
Die Philosophie von Dogen Zenji bestand darin, dass wir in jedem Augenblick unseres Lebens die Gelegenheit haben zu erwachen und dass wir keine Zeit verlieren sollten. Deshalb hat er als drei Teile in seinem Kloster das Bad, die Toilette und den Raum für das alltägliche Leben als wichtig bezeichnet.
In diesen Räumen darf keiner sprechen und lesen, z. B. vor dem Besuch der Toilette verbeugt man sich vor der Toilette. Geht hinein und bedankt sich bei der Toilette für die Reinigung und beim Verlassen verbeugt man sich wieder und bedankt sich nochmals. Das Gleiche gilt für das Bad, es ist ein Ort der Reinigung für den Körper und den Geist. Alle Mönche müssen sich jeden 5 Tag die Haare rasieren und den Körper reinigen. Beim Rasieren helfen sie einander, genauso wie beim Baden. Wir haben (Erwin und ich) beide, die Erfahrung gemacht, dass die Toilettenräume extrem sauber sind, es gab keinen Geruch, auch keinen Duft, sondern alles roch nur nach dem frischen Wasser. Die Sauberkeit im Kloster in jeder Ecke war bewundernswert. Im Kloster selbst leben z. Zt. 150 Mönche und einige in Ausbildung zum Priester.
Nach den Schriften von Dogen Zenji sollte jeder Mönch in jedem Augenblick meditieren. Der ganze Tagesablauf ist durch die Regeln im Voraus bestimmt. Der Meister des Klosters gibt Signale nur mit der Hand oder dem Blick und der entsprechende Mönch kündigt mit einem Schlag auf einen Gong oder der Klangschale eine gewisse Aktivität an. Wie z. B. die Vorbereitung des Essens, danach kommt das spezielle Tragen der Gefäße, in denen sich die Speisen befinden, zu dem Raum, wo die Mönche leben. Das Verteilen der Speisen wird auch mit dem Schlagen auf einen Holzgong angezeigt. Dogen Zenji hat die Nahrung weder hervorgehoben noch abgewertet, er hat im Shobogenzo gesagt, dass unterschiedliche Pflanzen keinen anderen Wert haben, als die Speisen, die mit viel Aufmerksamkeit zubereitet wurden und dass die Suppe keinen niederen Wert hat im Verhältnis zu den Gemüsesorten, so wie das einzelne Leben in einen gemeinsamen Fluss geht und im Ozean des Lebens endet. Deshalb ist die Küche ein Ort, über den der Meister alle Mönche direkt beeinflussen kann, und wird von allen Mönchen als äußerst wichtig betrachtet, nur sie hat keine wesentlichere Bedeutung als der Ort der Meditationspraxis.
Ich habe einen Mönch auf seiner Tatamimatte beobachtet, wie er sich nach dem Waschen der Hände und des Gesichts auf die Meditation vorbereitet hat. Jede Bewegung und jede Körperhaltung war intuitiv und immer auf die gleiche Art durchgeführt. Zuerst hat er sich vor seinem Aufenthaltsplatz (Tatamimatte auf einem hölzernen Podest, dort lebt er auf ca. 1 × 2 Metern) verbeugt und bedankt, danach hat er sich auf sein Meditationskissen hingesetzt, die Beine hochgehoben und sich sitzend auf dem Kissen um 180 Grad gedreht, bis er mit dem Gesicht zur Holzwand seines Lagers kam. Zum Schluss hat er die Körperhaltung eingenommen, in der er sich gründlich auf das Meditieren vorbereitet und jede Unannehmlichkeit beseitigt hat. Dann ist er ruhig sitzen geblieben, mit dem Blick zur hölzernen Wand. Die Meditation, die er praktiziert hat, heißt Shikantaza und stammt aus der chinesischen Shaolintradition, die Bodhidharma aus Indien nach China im 6ten Jahrhundert unserer Zeit brachte. Die Meditation ist bekannt als sogenannte Wandmeditation. Er meditierte nicht länger als 10 Minuten, dann kam ein Mönchsaufseher in den Raum und überprüfte mit dem Blick alle Mönche, die sich vor ihm jedes Mal verbeugten, wenn er an ihnen vorbeiging. Es sah wie eine Zeremonie aus, nur es handelte sich um die Vorbereitung des Mittagessens, das bis 12 Uhr jeden Tag beendet werden sollte. Danach bekommen Mönche nichts mehr zu Essen, bis zum nächsten Morgen. Dies ist wahrscheinlich der Grund, dass wir keinen dickleibigen Mönch gesehen haben.
Wir sind uns darüber einig, dass dieser Ort sehr harmonisch und ruhig wirkt und in sich eine unglaubliche Schönheit enthält. Die einzige Unruhe brachten viele Touristen, die miteinander laut redeten, alles fotografierten und sich frei bewegten in jedem Meditationsraum. Es gibt über 50 Gebäude in der ganzen Anlage, sie sind alle mit überdachten Holzbrücken verbunden. Die Gebäude befinden sich an einer Seite eines Berges, terrassenartig angeordnet. Jeder Meditationsraum sah so zum Meditieren einladend aus, dass wir Lust bekommen haben uns zu setzen und zu meditieren. Fotografieren war natürlich verboten, deshalb stellen wir nur ein paar geheime Eindrücke von diesem Ort aus. Obwohl wir ziemlich viele Treppen gestiegen sind, haben wir uns am Ende nicht müde gefühlt, sondern eher ein bisschen schläfrig.
Der Ort, in dem sich der Eiheiji-Tempel befindet, heißt Shi-bidani.
Nach unserer Tempelbesichtigung machten wir uns natürlich auf den Weg zu den Souvenierläden von denen der Ort wahrscheinlich die meisten Einnahmen hat, eine Straße entlang. Um festzustellen, dass in jedem Laden alles gleich ist, wahrscheinlich kommen die Produkte aus einer einzigen Fabrik und werden dann an die Läden verteilt. Auf unserem Rundweg hörten wir, wie jemanden mit einem Megaphon, wie er Touristen in sein Lokal einlädt. Wir haben uns für ein anderes entschieden und dort eine Art Tofu und Reis, dazu eingelegtes Gemüse gegessen. Erst nachdem wir bestellt hatten, hörten wir, dass es auch eine Speise gibt, die Eiheiji-Soba heißt. Um den Geschmack vom Mittagessen aus dem Mund zu bekommen (was auf die Qualität der Speise hinweist) mussten wir dringlich in Fukui ein Cafe besuchen. Nur die Enttäuschung dort war noch größer, wir haben cafe latte bestellt und eine schlechte Mischung vom Filterkaffee und Milch bekommen. Der Geschmack war unterhalb des dürftigen Niveaus.
Jetzt genießen wir die japanische Bahn, nach deren Pünktlichkeit man die Uhr stellen kann. Ich habe mich gefragt, warum die Deutsche Bahn nicht so pünktlich sein könnte. Jemand hat mir erklärt, dass Deutschland so groß ist und ein so großes Schienennetz hat, dass jede kleinste Verspätung sich auf die ganze Deutsche Bahn auswirkt und dass die Deutsche Bahn eine großartige Leistung erbringt. Indem sie mit nur so wenig Verspätungen auskommt (im letzten Jahr hat sich jeder Zug in Deutschland ca. 5 Minuten verspätet, dazu gehören alle ICE, Interregios, alle U-Bahnen, alle Stadtbahnen, etc alles zusammen). Unser Eindruck ist, dass Japan nicht das kleinere Netzwerk als Deutschland hat, sondern ein mindestens so groß wie Deutschland. Vielleicht wäre es nicht schlecht, Experten der DB nach Japan zu schicken, damit sie sich selber überzeugen, wie pünktlich die Züge sind. Die alle 2 Minuten an einem Gleis ankommen, dann abfahren, dann kommt der nächste zum Gleis, evtl. auch aus der Gegenrichtung, hält 30 sec. und fährt auch wieder weg.
Es regnet wieder, wir sitzen im Trockenen und genießen den Ausblick in die trübe Landschaft.
Erwin hat festgestellt, dass wir nicht genügend Zeit haben, um alles zu sehen und zu berichten, von dem, was wir alles sehen könnten und wollten.
Alleine Nara bedarf mehr als zwei Tage und in Kyoto waren wir noch nicht in allen Himmelsrichtungen. Von Tokyo können wir nur träumen – dort haben wir sogar eine private Einladung, zu einem japanischen Abendessen bei einem Freund, der dort lebt, die wir wahrscheinlich ablehnen müssen. Nur das wissen wir noch nicht, vielleicht schaffen wir das an einem Abend.

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