Nara

Als wir uns auf den Weg zur Frühstückshalle gemacht haben, stand im Fahrstuhl geschrieben, Breakfast for free, es war eine Mischung zwischen dem Europäischen und Japanischen Frühstück. Die Teller hatten die Form einer Mehrzweckkunststoffplatte mit zwei Pressungen für Tassen und zwei dosenförmige Abteilungen für die Speisen. Die Kaffeetassen waren selbstverständlich auch aus Kunststoff und erfüllten eigentlich auch eine Mehrzweckfunktion, sie dienten gleichzeitig als Kaffeetassen und auch als Glasersatz für den angebotenen Orangensaft. Obwohl ich im Ausland normalerweise die Speisen des Landes esse, habe ich diesmal Erwin alles probieren lassen und bin bei den Laugenbrötchen und Croissant geblieben. Erwins Gesicht hat mir verraten, dass es eine gute Entscheidung war.
Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Zug nach Ikaruga wo wir den Horyuji Tempel besuchten wollten. Unsere Railpässe zeigten sich als nützlich, weil wir ohne Platzreservierung und ohne Tickets einwandfrei in den Zug gekommen sind, um den Blick auf bunte Japaner zu genießen. Manche der jugendlichen Bahnfahrer trugen eine, für unsere Augen etwas moderne Kombination verschiedener Kleidungsstücke, oder übertrieben als lebende Mangas.
In Ikaruga angekommen, fragten wir im Touristzentrum nach den Horyuji Tempel. Es war diesmal auch sehr angenehm überraschend, dass alle sich sehr bemüht haben, uns behilflich zu sein, obwohl mein Englisch ihnen so unverständlich erschien, dass ich fast Schuldgefühle bekommen habe. Das Dorf Ikaruga ist ein Städtchen bestehend aus Industriegebiet, sehr schönen Villen und kleinen japanischen alten Häusern und Straßen die auf die Raumknappheit hindeuten.

Der Horyuji Tempel ist einer der ältesten Tempel Japans und laut der historischen Angaben der älteste Holzbau auf der ganzen Welt, auch hier hat der Prinz Shotogu den Bau iniziiert. Der ganze Tempelkomplex hat die gleiche Form wie der Shitennoji Tempel in Osaka. Wir (Erwin und ich) haben die Dachkonstruktion bewundert, die jeder gegenwärtige Zimmerermeister auch bewundern würde. Obwohl manche Balken neuerer Herkunft waren, passten sie zu den alten aus den 7ten JH perfekt und bildeten eine unglaubliche Statik. Die Säulen dazu bestanden aus einem Stück Holz und wir fragten uns, wo man so viel Holz und noch dazu in dieser Qualität und Ausmaß damals gefunden hatte. Der Kunstschatz in der Schatzhalle war nicht weniger eindrucksvoll, wenn man bedenkt, dass die meisten Exponate bis zurück zum 8ten JH gefertigt wurden, wie z. B. eine Holzstatue des Medizinbuddha mit den Pigmentmalereien auf allen Seiten des Podestes.
Nach der Besichtigung des Horyuji Tempels wollten wir einen noch älteren Tempel, den Chuguji besuchen. Der Tag war sonnig und warm, so dass wir uns darüber geeinigt haben, dass wir Fahrräder mieten sollten, um damit in der Gegend herumzufahren und schneller ans Ziel zu gelangen. Die Fahrradvermietung befand sich im Touristenzentrum des Horyuji Tempels. Die erste Person, die wir nach den Fahrrädern gefragt haben, hat nur mit der Hand auf die andere Seite des Raumes gezeigt und gehofft, dass wir uns an eine angeblich englischsprechende Person dort wenden würden. Als wir nach den Fahrrädern fragten, sagte diese, dass eine Stunde 200 Yen Miete pro Fahrrad kostet, wir wollten 2 Stunden fahren und sie sagte, das kostet das doppelte. Dann habe ich nach einer Tagespauschale gefragt, sie sagte das kostet pro Tag 1000 Yen. Ich wollte dann zwei Fahrräder für 24 Stunden haben und dachte allerdings falsch, dass wir die Fahrräder am nächsten Tag um die gleiche Zeit zurückgeben könnten. Es wurde uns erklärt, dass der Tag im Horyuji jetzt nur noch 5 Stunden dauert und dass wir die Fahrräder um 18 Uhr zurückgeben müssten. Als ich gefragt habe, warum nicht einen ganzen Tag, da, wenn man einen Wagen mietet, bekommt man das Auto 24 h, antwortete die Frau, das ist die Regel hier im Zentrum. Das Wort Regel haben wir gut verstanden und uns wie zu Hause gefühlt und für 2 Stunden bezahlt, daraufhin hat sie uns noch eine halbe Stunde geschenkt, so hatten wir für alles was wir vor hatten genügend Zeit.
Auf jeden Fall hat die Fahrradtour uns viel Spaß gemacht, wenn man bedenkt, dass es einer besonderen Kunst bedarf das Gleichgewicht auf einen zu kleinen Fahrrad in der Kurve zu halten, haben wir uns gut zurechtgefunden. Bei jedem Einschlagen des Lenkers war durch die japanische Spezialgröße die Lenkstange in Kontakt mit den Knien und so war die Kurventauglichkeit etwas begrenzt.
Zuerst sind wir zum Chuguji-Tempel gefahren, der zwei von der UNESCO geschützte Werke enthält, zum einen war ein altes gesticktes Seidenmandala zu sehen und im Hauptbereich des Tempels war eine aus dem 7ten JH stammende Statue von Avalokiteshvara in der Sitzhaltung, in der er einen Fuß auf den Oberschenkel hatte und mit einem freundlichen ruhigen Gesichtsausdruck meditiert hat. Die Haupthalle befand sich in der Mitte eines Weihers, in dem Schildkröten geschwommen sind, wahrscheinlich voller Freude, ohne zu wissen dass sie nicht in der Suppe wiederfinden werden.
Der Weg führte uns weiter zum Horinji-Tempel, wo wir ohne Nachdenken sofort 2 Tickets kauften – um dann gleich festzustellen – wir waren am falschen Ort. Das Gefühl war, zwei Gönner des Tempels zu sein. Wir haben uns kurz angeschaut, ein Lächeln ausgetauscht und sind weiter zum Hokiji-Tempel gefahren, um hier die gleiche Erfahrung zu wiederholen. Der Unterschied bestand nur darin, dass der Ticketverkäufer englisch gesprochen hat und uns behilflich bei der Frage war, wo wie ein bestimmtes vegetarischen Restaurant finden konnten, das in einem Prospekt empfohlen wurde. Wir sind seiner Anweisung gefolgt und statt nach 2 Minuten auf das Restaurant zu treffen, sind wir 10 Minuten in Richtung Nara gefahren und stellten dann fest, dass wir keine Chance mehr hatten, das Restaurant hier zu finden. Wir wendeten und fuhren zurück nach Ikaruga und auf der linken Seite vor uns erschien plötzlich ein Restaurant mit großer bebilderte Speisekarte, das uns wieder daran erinnerte, dass wir etwas zu Essen suchten. Erwin hat für uns beide zwei Cola bestellt, extra ohne Eiswürfel und die Cola wurde uns in halb vollen Gläsern serviert. Da wir mit einer ganzen Cola gerechnet haben, bestellen wir nochmals das gleiche, die Cola kam jetzt mit Eis. Wir erklärten durch die Gestik und das Zeigen auf das Eis, dass wir keine Eiswürfel wollten. Unsere Colas gingen zurück in die Küche, verringert um die Eiswürfelmenge, was wieder der Hälfte des Glases entsprach und einen etwas armseligen Eindruck machte. Die Bedienung hat sich mehrmals entschuldigt, dass sie sich nicht gemerkt hat, wie wir es gerne gehabt hatten, nämlich eben ohne Eis. Das Essen war vegetarisch, mit nur einer lösbaren Macke, über den Reis befand sich etwas Glitschiges und Fadenartiges, wofür ich behauptet habe, das sei ein Ei und Erwin entgegnet hat, das sei eine Tofuspezialtät, etwa wie eine Haut die bei der Tofuherstellung entsteht. Das Gefühl im Mund war doch ei(gen)artig und wir verzichteten. Auf jeden Fall hat die Misosuppe alles in Ordnung gebracht, da wir sie zur ganzen Mahlzeit verteilt genossen haben und das war zumindest besser als ohne.
Die Fahrräder gaben wir mit 3 Minuten Verspätung ab und es verlief bei der Rückgabe alles sehr elegant, ich gab meinen Schlüssel an Erwin und er ging ins Touristenzentrum, fand dort zum Glück keine Person und lies beide Fahrradschlüssel auf dem Tresen liegen.
Dann machten wir uns zu Fuß auf den Marsch durch die Stadt zur Bahnhaltestelle, um dort wieder nach Nara zu fahren.
Unser Abenteuer geht bei einer süßen Pfannkuchensahnetortenschnitte und einem bitteren Kaffee im Hotel Nikko zu seinem heutigen Ende, und wir freuen uns auf ein festliches Abendessen – wo, werden wir dann noch sehen.

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